Also, nun wie versprochen nochli mee zum Thema Wut und warum sie für unsere Lebenskraft so wichtig ist. Ich durfte dies vergangene Woche gerade am eigenen Leib erforschen.
Vergangenen Mittwoch um halb acht wurde ich im Ochsenkreisel bei strömendem Regen von einem Auto angefahren. Der Fahrer hat mich ganz einfach übersehnen, mein Velo am Hinterrad erfasst und über die Kreuzung geschleudert. Ich hatte unglaublich Glück, dass er nur mein Velo erwischt und mich nicht überfahren hat. Ich weiss nicht mehr wie ich von der Strasse zum Trottoire kam, aber es kamen mehrere Hilfsbereite angerannt. Der Fahrer kam auf mich zu und entschuldigte sich tausendmal. Ich sagte ihm ganz ruhig, dass mir nichts passiert sei. Dabei zitterte ich aber am ganzen Körper. Beide kümmerten wir uns im Schock um mein Velo und auch dieses schien ausser einer acht im Hinterrad unversehrt. Er gab mir seine Nummer und ich schickte ihn bald weg. Vor allem weil es mir unangenehm war, vor ihm zu zittern - ich aber wusste, dass dies für die Schock-Verarbeitung sehr wichtig ist.
Obwohl mein Körper unkontrolliert zitterte, hatte ich einen sehr klaren Kopf und mein Körper war schmerzlos. Ich spürte, dass ich Bewegung brauchte und schob meine Velo abseits von der Hauptstrasse einem Bächlein entlang. Ich und beobachtete meine Gefühle. Mich besuchte ein grosser Schmerz in der Brust und eine riesige Wucht von Trauer, mir kullerten gefühlt Literweise Tränen. Ich beobachtete einfach, hatte keine Ahnung woher. Aber es tat gut.
Anschliessend habe ich mein Velo beim nächsten Mechaniker abgestellt und bin quer durch Wetzikon zurück ins Atelier spaziert, genoss das Adrenalin im Körper. Gleichzeitig fühlte ich mich plötzlich dumpf im Kopf. Wie vernebelt. Hey, fragte ich mich, wo ist denn da eigentlich Deine Wut? Da hat Dich soeben ein Typ angefahren - Dich trotz roter Regenjacke und rotem Helm in einem grossen Kreisel übersehnen?! Hallo?! Hätte es nicht gerenget, hättest Du keine so gute Kleidung angehabt und wärst von oben bis unten aufgeschürft! Du hättest auf dem Notfall landen können!!!! Wäre er noch einen Zacken schneller gewesen – er hätte Dich getötet! Aber vor lauter Empathie mit diesem jungen Mann der sich so schuldig gefühlt hat, vergisst Du ganz Dich selber!!!!
Phuaaa, da zeigte sich die Wut, hat nochmals meinen ganzen Körper erzittern lassen… dann wurde es wieder ruhig und mein Kopf wieder frei und klar… nachdem ich der lieben Barbara die ich als erstes angerufen habe, weil ich das Bedürfnis nach Schutz/Nähe und Aufgehoben sein hatte, die ganze Story erzählt habe kam die grosse Müdigkeit. Nach dem ich über eine Stunde geschlafen habe, bin ich mit einem Lächeln und riesiger Dankbarkeit wieder aufgewacht.
Ja, ein Schutzengel ist sehr sehr nützlich! Für die Verabeitung eine Schockes ist das Zittern und das Wahrnehmen der Gefühle überlebenswichtig. Weil wenn wir dies unterdrücken, dann staut sich Energie. Zurück bleibt die Angst und von da ist der Weg in eine Depression nah…
Also, wenn Du nächstes Mal bemerkst, dass Du zitterst - unterdrücke es nicht! Lasse es unbedingt zu! Auch Tage/Jahr später können wir mit TRE (eine Methode die ich Dir gerne zeige) Traumas "wegzittern". Zitterfreudige Grüsse! Michèle